Das Ohr
Das Ohr ist neben der Nase das wichtigste Sinneswerkzeug des Hundes. Die Urahnen der Hunde haben Ohrmuscheln, die sie aufstellen und aufrecht tragen und so als Schallempfänger gebrauchen können. Die Hängeohren unserer Haushunde sind erst nach der Domestikation aufgetreten.
Die Dobermannrasse hat von ihren Ausgangseltern ein langes und schweres Hängeohr mitbekommen, das altem Brauch in der Kynologie zufolge gleich von Anfang an kupiert wurde.
Man hatte sich früher aus berechtigten menschlichen Gründen gegen das Kürzen der
Ohren ausgesprochen. Zu einer Zeit, als die Betäubung, die Anästhesie, noch nicht
genügend entwickelt was und den Zwang zu ihrer Anwendung durch ein Tierschutzgesetz noch nicht bestand, war das Kupieren ein immerhin schmerzhafter Eingriff. Das Kupieren hat heute seine Schrecken verloren, da sich in Deutschland auch das Tierschutzgesetz dieses Falles angenommen hat.
§ 2 Ziffer 7 desselben besagt:
Verboten ist, einem über zwei Wochen alten Hund Ohren oder Schwanz zu kürzen.
Das Kürzen ist zulässig, wenn es unter Betäubung vorgenommen wird.
Als Strafen für Verstöße gegen das Tierschutzgesetz werden Geldstrafen von 80 Euro
ab oder Gefängnis bis zu zwei Jahren angedroht.
Es wird niemanden unter uns geben, der diesem Gesetz, das die still duldende Kreatur unter Schutz nimmt, nicht von ganzem Herzen zustimmen würde. Die Nichtbeachtung desselben unterliegt der Bestrafung, und da wir es heute als ein besonderes Rohheitsdelikt auffassen müßten, wenn irgendwer einen Hund ohne Betäubung kupieren sollte, wird eine Bestrafung gutgeheißen.
Der Dobermann hat im unkupierten Zustand einen sehr langen schweren Behang. Die nicht geschnittenen Ohren werden bei der Abrichtung leicht Verletzungen ausgesetzt sein. Sie könnten beim Schütteln, Springen usw. wegen ihrer Länge schnell und heftig gegen die Dressurhalsbänder oder gegen feste Gegenstände geschleudert werden. Die Bekannten Blutbeulen (Othämatome) oder offenen Verletzungen wären die Folge. Ohrquetschungen und Ohrwunden heilen sehr schwer, wie wir von den Langohrrassen wissen, die trotz ihrer größeren Ruhe öfter Blutergüsse unter der Haut und Biß- und Rißwunden an den Ohrspitzen haben. Die Blutergüsse müssen nach einiger Zeit geöffinet werden, und die Hunde zeigen wochenlang durch schiefe Kopfstellung ihre Schmerzen an.
Die Dobermannzüchter stellen den Gegnern des Kupierens aber noch ein anderes Ohr leiden entgegen, an dem nach meiner Erfahrung besonders Rassen mit Hängeohren und rauhhaarige Hunde leiden: die Entzündung des äußeren Gehörgangs (Otitis externa). Über diese Erkrankung braucht hier nicht viel geschrieben zu werden, denn sie ist unter den Hundeliebhabern weit bekannt. Einen Dobermann mit einem solchen Gehörgangsleiden trifft man kaum an. Die Otitis ist äußerst schmerzhaft, und was noch viel unangenehmer ist, sie ist auch so gut wie nicht ausheilbar. Die betroffenen Hunde haben das Leiden in der Regel für ihr ganzes Leben. Nach erfolgreicher Behandlung kommt immer wieder ein erneutes Auftreten.
Wenn unsere Hunde durch die Vornahme des schmerzlosen Kupierens der Ohren vor dieser Erkrankung und den erwähnten Ohrverletzungen auf Lebenszeit bewahrt werden können, so sollte man das schmerzlose Kürzen schon auf Grund dieses Pluspunktes nicht ohne weiteres ablehnen.
Auf weitere züchterische Beweggründe für die Beibehaltung des Kupierens will ich verzichten, damit die Öffentlichkeit nicht glaubt, ich beabsichtigte eine Lanze für diese Operation zu brechen. Ich fühle mich lediglich als Berichterstatter in dieser Sache und darf für mich hierbei in Anspruch nehmen, die Dinge aus eigener Anschauung genügend zu kennen. Es sei aber noch auf den Hauptpunkt eingegangen, der doch sicher einst das Kupieren der Hunde zur ,,Modetorheit werden ließ. Übrigens besagt schon das aus dem Französischen entlehnte Wort ,,coupieren", das abtrennen, abschneiden bedeutet, daß die ersten Hunde nicht in Deutschland kupiert wurden.
Es ist nicht allein so, daß sich das Kynologenauge an den jetzigen Rasseanblick gewöhnt hat und sich nicht (oder wenigstens nicht gern) umschulen ließe, wenn die Forderungen andere würden. Es muß zugegeben werden, daß das aufrecht getragene Ohr sowohl das Gesicht des Hundes veredelt, seine Aufmerksamkeit unterstreicht und gegenüber dem gleichrassigen Hunde mit belassenem Hängeohr ein objektiv imposanteres Bild bietet. Das hat nicht nur mit ,,Gewöhnung des Auges'' zu tun. Das aufrecht getragene Ohr des Deutschen Schäferhundes wirkt doch wesentlich ausdrucksvoller als etwa das Ohr eines altdeutschen Herdenhundes, dem die Ohren ins Gesicht hängen. In beiden Fällen sind sie rein äußerlich Schäferhunde. Das aufrecht getragene Ohr des einen macht dessen Kopfpartie aber wesentlich anziehender.
Ich habe Dobermänner gekannt, deren Ohren und Rute ungekürzt geblieben waren. Die Hunde zeigten einen edlen Bau,und doch wirkten sie nicht. Ich stellte sie völligen Laien vor, die über Hunderassen nicht informiert, also kynologisch ,,ungebildet" waren. Keiner kannte diese Rasse und niemand wollte sie sich anschaffen. Die Hunde gefielen ihnen nicht, während ihnen mein anschließend vorgeführter, kupierter Dobermann sehr zusagte. Dies beweist, daß es nicht die ,,Gewöhnung"' des Rassekundigen an das kupierte Rassebild allein ist, wenn uns ein Hund, der zu einer kupierten Rasse gehört und dem aus irgendwelchen Gründen das Hängeohr belassen worden ist, nicht gefallen will.
Der Kopf mit guter Aufrechtstellung der Ohren wirkt eben wesentlich auf das Gesamtbild eines Hundes ein. Wenn die verschiedenen angeführten Punkte, die für die Beibehaltung des Kupierens vorgebracht werden, zur gesetzlichen Genehmigung. des schmerzlosen Schneidens beitrugen, so haben wir die selbstverständliche Pflicht, darüber zu wachen, daß das Kupieren der Welpen überall schmerzlos durchgeführt wird, wozu wir heute auf Grund des Hochstandes der Anästhesie in der Lage sind.Das Ohr des Dobermanns soll mittellang geschnitten werden. Das früher übliche recht kurze Stutzen der Ohren wirkt unschön. Man spricht nicht zu Unrecht hierbei von,,Mauseohren". Aber auch das zu lang gehaltene Ohr entspricht nicht dem Rassecharakter des Dobermanns. Es wirkt,,doggenartig". Um die gewünschte, gut wirkende mittlere Länge des zu kupierenden Ohrs zu garantieren, hat Dr. Hans-Joachim Dorn durch Messungen der Ohren eine Methodik für Dobermänner entwickelt, die es ermöglicht, die Länge des zu kupierenden Ohrs unter Beachtung der Kopfentwicklung nach Zentimetern festzulegen.
Bei der Beurteilung des Kopfes spricht wohl das gut kupierte und einwandfrei getragene Ohr sehr an, es sollte aber die Kopfbewertung niemals von Form und Art des Ohrenschnitts abhängig gemacht werden. Er bleibt im allgemeinen unbeachtet, wenn es auch gestattet sein muß, evtl. ein Werturteil über die Haltung der Ohren zu sagen. Als sehr wichtig sei noch erwähnt, daß die Ohren nach der Musterbeschreibung nicht zu eng stehen und getragen werden sollen, weil eine so enge Stellung der Ohrmuscheln unschön wirkt. Sie erinnert an das Bild der Wildhunde (Raubtiereindruck).
Die Beurteilung des Kopfes und seiner Teile nach Spalte B der WZ Wir lernten bisher die Anwendung der Wertmeßzifer für die Beurteilung des Dobermanntyps kennen. Für ihn wat die erste Spalte der WZ-Tabelle vorgesehen. Bei der Vergebung der Wertmeßziffer für die Bewertung des Kopfes und aller seiner Teile kommt die zweite Spalte der Tabelle zur Benutzung. Sie erfaßt das ganze Rassebild.
Ist die Kopfform gut und edel, das Auge in Form und Farbe zufriedenstellend, wird eine besondere Ziffer für den Kopf nicht vergeben. In diesem Falle ist es auch gar nicht nötig; denn wir haben für den hochwertigen Hund Rubriken, die die Güte des Rassebildes, seine Linienführung usw. insgesamt erfassen und in verschiedene Wertstufen unterteilen. Hat ein Hund in der zweiten Stelle der WZ eine 4, 5 oder 6, so wissen wir, daß Kopf- und Augenfehler nicht vorhanden sind.
Besonders fehlerhafte Abweichungen von der Musterbeschreibung müssen durch die entsprechende Wertmeßzahl gekennzeichnet werden, wobei stets der schwerste Mangel ziffernmäßig erfaßt wird. Ein Hund, der im Rassebild an sich gut wäre, aber etwa viel zu helle Augen hat, scheidet selbstverständlich aus dem Ziffernbereich der 4 aus. Ein Hund mit ,,Falkenaugen'' etwa ist nicht gut im Rassebild, da er einen groben Fehler hat. Er bekommt die Ziffer 0 (,,zu helle Augen''), denn er ist auch für die Zucht untauglich.
Starke Ramsung oder starke Mängel des Stirnabsatzes erhalten Ziffer I. Ist der Fehler aber nicht derart stark ausgeprägt, daß Zuchtuntauglichkeit ausgesprochen werden muß, dann steht es dem Beurteiler zu, Ziffer 3 zu vergeben: ,,nicht voll befriedigende Linienführung des Kopfes“. Ebenso rangiert ,,zu spitzer Fang" unter Ziffer 3.
Glotz- und Schlitzaugen, die nicht zur Zucht zugelassen sind, müssen Ziffer 2 erhalten. Um einen zu beurteilenden Hund gerade im Rassebild noch eingehender zu kennzeichnen, hat die SZG Dobermänner beschlossen, die Vergebung zweier Ziffern in dieser Spalte zu gestatten.
Wir haben z. B. Hunde, die im Rassebild ,,sehr gut“ (6) sind und als einzigen Mangel etwa eine gewisse ,,Backigkeit'' zeigen mögen. Für letztere gibt es die Ziffer 3. Dieser Hund würde beide Ziffern in Bruchform erhalten: Die WZ könnte also so aussehen: 4 3/6 73.
Grundsätzlich ist somit festzuhalten, daß Hunde, die die glatten Ziffern 4-6 in der zweiten Spalte erhalten haben, keine weiteren Mängel am Kopf gezeigt haben. Schwere Kopffehler, die Zuchtuntauglichkeit bedingen, schließen eine Vergebung der Ziffern 4—6 aus. Es muß dann die entsprechende Ziffer (0, 1, 2) erteilt werden. Dagegen können leichte Abweichungen in Verbindung mit 4 oder 6 als Bruchform gekennzeichnet werden. Die 5 wird nicht in Bruchform vergeben werden können, da sie ein vorzügliches Rassebild angibt, das unserem, Rasseideal fast gleicht. Ein Hund mit Ziffer 5 soll fehlerlos ohne Mängel sein, sonst wäre er eben nicht vorzüglich".