Der Hals des Dobermanns

Der Gesamteindruck unseres Hundes wird wirkungsvoll unterstützt durch seinen in edlem Schwung aus der Schultergegend aufsteigenden Hals. Er muß hinsichtlich seiner Länge und Stärke, seines Umfanges in gutem Verhältnis zum übrigen Körper stehen. Bei breit gebauten starken Dobermännern wird der Hals also etwas kürzer und dicker wirken müssen, als bei Hunden, die in ihrem Körperbau leichter sind. Bei unserem mittelstarken Dobermanntyp verlangen wir einen mittellangen und eleganten Hals, der niemals zu lang sein darf. Schwanen- oder Hirschhals werden als für einen Hund unschön verworfen, zumal diese Formen auch im Dienstgebrauch große Nachteile haben. Der Hals ist in seinen Umrissen fest, trocken und muskulös. Kehlfalte und Wamme werden gerügt.

Eine separate Erfassung des Halses im WZ-System ist nicht vorgesehen. Wo der Hals den Anforderungen nicht entspricht, ist die Harmonie des Rassebildes gestört.

Die Schulter- oder Vordergliedmaßen

Mit der Beurteilung der Vordergliedmaßen schließt die Besichtigung und Bewertung der Vorderhand ab. Unser prüfendes Auge sucht zunächst die Lage des Schulterblatts als den am Brustkorb liegenden höchsten Knochen der Vordergliedmaßen festzustellen. Es gelingt dies leicht wenn wir das am Widerrist befindliche breite Ende des Schulterblattes gefunden haben. Diese Stelle hebt sich meist durch geringe Beweglichkeit von der Umgebung ab. Da beim Hund das Schulterblatt die Dornfortsätze der Brustwirbel (im Gegensatz zum Pferd) stets überragt, fällt die Haut zwischen beiden Schultern etwas ein, so daß uns der hier befindliche obere Rand des Schulterblattknorpels leicht erkennbar ist. Von diesem Punkte ausgehend suchen wir das deutlich herausmodellierte Schultergelenk, auch Buggelenk, auf. Da zwischen diesen beiden Stellen, Schaufelknorpelgegend und Schultergelenk, das Schulterblatt sich hinzieht, vermögen wir seine Länge und seine Lage an der seitlichen Brustwand deutlich zu erkennen.

Das Schulterblatt soll möglichst lang, dabei schräg nach vorn und unten gerichtet sein und keinesfalls steil liegen. Die Schräglage des Schulterblatts ist für den raumgreifen- den Schritt wichtig. Sie dient aber zugleich der Stoßmilderung im Trab und Galopp und hat zusammen mit den anderen Gelenken des Vorderbeins die Körperlast stoß- dämpfend aufzufangen. Das Schulterblatt ist beiderseits seiner Schulterblattgräte, die wir sehr oft in der Mittellinie des Schulterblatts sehen oder abtasten können, gut mit Muskeln verpackt. Diese Schulterblattmuskeln dienen der Bewegung des Oberarmknochens, der mit seiner Kugel in der Pfanne des Schultergelenks sitzt und hier seine

weit ausholende Bewegungsmöglichkeit hat. Er kann aber wegen baulicher Eigenheiten nur so weit nach vorn ausgreifen, bis er mit der Mittellinie des Schulterblatts (Schulterblattgräte) eine gerade Linie bildet. Dies ist die weiteste Streckung des Schultergelenks nach vorn. Für die Praxis heißt das, daß der Oberarm um so weiter nach vorn geführt werden kann, je schräger das Schulterblatt am Brustkorb liegt. Die Schrittlänge ist somit abhängig von der Lage des Schulterblatts. Dies aber nur zu einem Teil. Zum ,,raumgreifenden" elastisch fließenden Abstoßen und Vorführen des Vorderbeines ist die Länge des Oberarmknochens von ebenso großer Wichtigkeit. Die Schräglage der Schulter genügt also allein nicht. Ein kurzer Oberarmknochen kann selbst bei bester Lage des Schulterblatts den stoß- freien Gang nicht so ermöglichen wie der längere Oberarmknochen. Bei gestrecktem Schultergelenk schwebt das Vorderbein mit dem kürzeren Oberarm zu hoch über dem Boden, so daß der Moment des Auftretens (Phase des Stützens) durch einen Stoß ein- geleitet wird, der beim langen Skelettbau geringer ist. Nun weist Gustav Rau in seiner Beurteilung des Warmblutpferdes darauf hin, daß selbst, die idealste Schulter nichts leistet, wenn der Schwung aus der Hinterhand fehlt". Das gilt zu einem Teil auch für den Hund. Die Prüfung einer den Nachschub liefernden, gut gewinkelten und kraft- vollen Hinterhand ist daher ebenso wichtig. Man hat daher bei eventuell festgestellten Schwächepunkten der Schulter ausgleichende Vorzüge der Nachhand in Beziehung zu bringen. Eine ungünstige Schultermechanik kann zum Teil durch eine stark arbeitende Hinterhand ausgeglichen werden. Wir haben bei der Beurteilung der Schulter noch einen dritten Punkt zu beachten. Es ist die Schräglage des Oberarms. Dieser soll mit dem Schulterblatt einen Winkel von einen Winkel von 90 Grad bilden. Bei dieser Winkelung ist der weit nach vorwärts geführte Schritt gesichert. Ein kleinerer Winkel wirkt hier immer nachteilig. Das gute Zusammenspiel der zweckentsprechend gewinkelten Knochen und Gelenke der Schultergliedmaßen hat einen schwingenden, elastischen Gang des Hundes zur Folge. Findet man einen solchen federnden Gang, so braucht man gar nicht viel zu suchen, man wird stets sagen können, daß die Vorderbeine von der Schulter bis zur Zehen- spitze in Ordnung sind. Wir haben in der Kynologie die gleichen Erfahrungen gemacht wie Gustav Rau, der vom Pferde sagt, daß die vollendete Harmonie des Körpers stets auch die schönsten Bewegungen gibt". In dem Kapitel über den Gang des Hundes kommen wir nochmals auf die baulichen Voraussetzungen zurück.

Beim Dobermann wird bei Bewertung der Vorhand ein großer Wert auch auf die Stellung der Vorderbeine von vorn gesehen gelegt. Sie sollen durchaus gerade, also fast senk- recht über dem Boden stehen. Dabei möchten diese,, Beinsäulen" starkknochig und robust wirken, und von der Seite betrachtet möglichst nur ganz wenig nach vorn gestellt sein. Was die Fußspitze, also die Knochen unterhalb des Vorderfußwurzelgelenks, anbelangt, so dürfen die Mittelfußknochen weder nach innen gedreht (,,zeheneng") sein, noch dürfen sie umgekehrt nach außen zeigen, was wir als ,,zehenweit" ,,Tanzmeisterstellung" oder „französische Stellung" bezeichnen. Es wird also von den Knochen unterhalb des Ellenbogengelenks bis zur Fußspitze eine korrekte gerade Stellung verlangt.

Der Vollständigkeit wegen soll zur Stellung des Vordermitteljußes noch ein aufklären- des Wort gesagt werden. Unsere Züchter, soweit sie die Bewertung und die Richtlinien für den Standard beeinflußten, forderten bisher, daß der Unterfuß, von allen Seiten gesehen, kerzengerade über dem Boden stand. Diese Forderung ist einzuschränken. Man muß den Ausführungen von Bodingbauer, Wien, zustimmen, der eine mäßige Schrägstellung der Fußwurzel als Voraussetzung für eine Stoßdämpfung in Trab und Galopp für wichtig hält. Es ist einleuchtend, daß der Bandapparat der unteren Gelenke, der auch das Gewicht des trabenden Körpers auffangen muß, den Stoß beim Fußen um so weicher überwinden wird, je besser eine entsprechende federnde Winkelung in der unteren Extremität vorhanden ist. Sind nämlich die Knochenenden zu steil übereinandergestellt, so wird die Last des fußenden Körpers nicht vom nachgebenden Ge- lenk aufgefangen, es müssen sich dann die übereinandersitzenden Knochenenden gegen- seitig hart stoßen.

Prof. Dr. E. Hauck, Wien, fordert daher ebenfalls eine gewisse Schrägstellung des Vordermittelfußes beim Dobermann. Er gibt als empfehlenswerte Winkelung etwa 10 Grad an, die der Mittelfuß mit einer Senkrechten bilden müsse.

Die Vorderpfoten, die von den Zehenknochen gebildet werden, sollen auffallend kurz, in sich fest verbunden und geschlossen sein und eine deutliche Wölbung nach oben zeigen. Bei dieser Bauart finden wir den geforderten,, Katzentritt". Weichliches Durch- treten der Pfoten ist also unerwünscht. Die Straffheit des Dobermannskeletts muß sich bis zur Fußspitze zeigen. Zu lange und zu weiche Pfoten geben das Bild der,,Hasenpfoten". Es kann auch beim Dobermann seltener das Bild der ,,Bärentatzigkeit" entstehen, wenn das Vorderfußwurzelgelenk sehr weich ist und durchgetreten wird. So hat man in der Schäferhundzucht dies erkannt und ist jetzt bestrebt, ihren Hunden einen festeren Bandapparat der Fußspitze anzuzüchten.